Ein Bediensteter öffnete uns die Türe der Kutsche und ein anderer stellt eifrig eine Stufe hin, sodass wir nicht so tief hinunter treten mussten. Ein Diener empfing uns und führte uns in den Palazzo hinein. Vorbei an anderen Gästen, Männer in verschiedensten Gala Uniformen aus allen Ländern, Frauen mit wunderschönen riesigen Kleidern und behangen mit Schmuck und Juwelen. So das ihre Dekolletés im Fackelschein funkelten. Verschiedenste Düfte von Parfüm strömten in meine Nase. Wir betraten die großen Vorzimmer wo schon Dienstmädchen uns unsere Mäntel und Kopfbedeckungen abnahmen. Eins der Dienstmädchen lächelte mich besonders an. Das hob meine Laune noch mehr und ich hätte Schreien vor Glück können. Zugleich ergriff mich aber Ehrfurcht vor diesen Hochrangigen Gästen und ich versuchte zwanghaft, ein sehr ordentliches Benehmen an den Tag zu legen. Der Graf mit seiner Tochter gingen voran, Monsignore und ich hielten uns zurück, als wir in den großen Ballsaal geleitet wurden. Beim Betreten des Saales streckte ich extra noch die Brust weit heraus, um noch gut gebauter zu wirken. Riesige Kronleuchter hingen von der Decke. Dezent leise spielte Musik. Es waren schon viele Gäste im Saal versammelt und musterten uns. Wir reihten uns ein, um vom Gastgeber begrüßt zu werden. Hinter mir Stand ein älterer italienischer Offizier, der verwundert meine Uniform betrachtete. Wie mir schien, gab es nicht „allzu viele Deutsche“ auf diesem Ball. Als ich mich in der Runde umschaute, sah ich, dass ich sowieso der einzige Mannschaftsdienstgrad war. Irgendwie machte mir das ein unangenehmes Gefühl. Aber auch wieder nicht, denn ich fühlte mich, als ob ich etwas Besonderes wäre. Freundlich nickte ich im zu während ich mich leicht verbeugte und die Hacken zusammen schlug. Er erwiderte höflich meinen Gruß und sprach dann mit seiner Frau weiter. Langsam kamen wir dem Gastherren näher und ich überlegte, wie ich ihn und seine Gemahlin denn begrüßte. Mit Handschlag, einer höflichen Verbeugung oder dem militärischen Gruß? Der Graf stellte uns vor und ich kam an die Reihe. Es war ein Ehepaar Mitte fünfzig, er hatte schon graue Haare. Er gab mir die Hand und begrüßte mich. Ich nahm mir vor mich vor der Frau zu verbeugen. Leider bemerkte ich zu spät, dass sie wollte, dass ich ihr einen Handkuss gebe und so machte sie kein freundliches Gesicht, als ich mich wieder aufrichtete. Wir mischten uns unter das Volk und schon verfingen sich alle in Gespräche. Monsignore unterhielt sich mit einem Bischof, der Graf ging irgendwelchen Geschäften nach. Und Fräulein Pascalino war verschwunden. Einige Jungen Damen standen in der Ecke und schauten zu mir rüber, als ich zurückblickte, drehten sie sich ab und kicherten. Was würde ich dafür geben, zu wissen was die sich immer zu erzählen haben, was so lustig ist? Dann betrat der Marschall, Massena Andrè den Saal. Nachdem ich mich unter die umher stehenden gemischt hatte, um den berühmten Marschall von der Nähe aus zu betrachten, sah ich ihn. Denn er stand genau vor mir und unterhielt sich mit einem General. Aber das war nicht der Mann, der mir geschildert wurde. Es war ein armer schwacher älterer Herr, von seiner Krankheit gezeichnet. Da sah ich Fräulein Pascalino stehen, sie unterhielt sich prächtig mit einigen jungen Offizieren. Als ich sie vermutlich vorwurfsvoll ansah, tat sie so als würde sie mich nicht gesehen haben und sprach lächelnd weiter. Dann wurde getanzt, ich hoffte noch immer mit ihr tanzen zu können. Doch die meiste Zeit, tanzte sie mit ihrem Vater und wenn nicht, dann mit einem anderen jungen Offizier, die mir ihr sehr zugetan erschienen. Nach einiger Zeit war ich dermaßen deprimiert und traurig, dass ich frische Luft brauchte. Ich fand einen Ausgang, der in die Grünanlagen führte. Dort stand ich nun unter sternenklaren Himmel, es ging ein kalter Wind, den ich gleich spürte, obwohl mir ziemlich warm war. Durch die großen Fenster sah man die Menschen wie sie lachten und feierten. Tiefe Züge an kalter Luft durchströmten meine Lungen. Die Sterne über mir am tiefdunklen Nachthimmel, funkelten und glitzerten als gäbe es kein Morgen. Meine Blicke wanderten über die Sterne, was mag dort oben wohl sein, fragte ich mich? Einige Sterne leuchteten ganz hell, bei anderen kam es mir so vor als schillerten sie in bunten Farben. Aber das konnte auch nur eine Täuschung sein. Die frische Luft tat mir gut und reinigte meinen Körper. Warum tat sie so als gäbe es mich nicht? Warum hat sie nicht einmal mit mir getanzt. In der Kutsche unterhielten wir uns doch so gut und ich wusste, dass sie mich mochte. Das alles verstand ich nicht. Aber in meinem Herzen hier, in meiner Brust da tat es ziemlich weh. Urplötzlich empfand ich, als wäre ich allein gelassen und von niemand geliebt.
Als ich so mir den Nachthimmel ansah, bemerkte ich plötzlich, dass sich eine vermummte Gestalt einem der großen Fenster näherte. Vermutlich sah man mich im Dunkeln nicht, da ich auch so ruhig da gestanden hatte. Zuerst war ich irritiert was der Mann wollte. Bis ich in seinen Händen ein Gewehr sah, mit dem er durch die Scheibe, anscheinend auf Marschall Massena Andrè anlegte und gerade schießen wollte. Blitzschnell kam ich von der Seite und warf mich auf den Attentäter. Doch ein merkwürdiges Geräusch löste sich aus dem Gewehr
und eine Kugel durchschlug die Scheibe. Der Attentäter wehrte sich mit Händen und
Füßen. Plötzlich biss er mich in den Arm und kratze mich auch noch wie eine Raubkatze!
Mit aller Kraft drückte ich seine Arme zu Boden, seine Kapuze glitt zur Seite und
im Schein des Lichtes sah man eine junge hübsche Frau, mit langen schwarzen Haaren.
Ich werde verrückt die Kleine aus der Taverne! Erst jetzt sah sie mich an und stutze
einen Augenblick. Was soll das, fragte ich? Lass mich los, du tust mir weh! Langsam
ließ ich ihre Arme los, erst jetzt fiel mir auf wie dünn sie waren. Jetzt sah ich
das Gewehr, eine österreichische Windbüchse, System Girandoni. Die Kugel wird mit
Luft aus dem Lauf gerieben, deswegen hörte man auch keinen Schuss, äußerst selten.
Als ich rüber zur Scheibe blickte, sah ich den Einschuss. Bis jetzt hatte noch niemand
etwas bemerkt, vermutlich spielte die Musik gerade sehr laut. Langsam atmete ich
tief durch, doch dann stand da plötzlich ein Mann an der Scheibe und schaute auf
das Loch! Ein Fluch löste sich aus meinem Mund. Im selben Augenblick, sah ich den
weit aufgerissenen Mund, des Mannes an der Scheibe. Meine Hand ergriff ihre Hand
und dann zog ich sie hoch. Eine Sekunde war toten Stille. Dann brach die Hölle los.
Soldaten kamen, am Ende des Palazzos um die Ecke, Offiziere brüllten Wachen schrien,
Frauen kreischten. Wie vom Teufel besessen rannte ich los. Ihre Hand hielt ich fest
und zog sie hinter mir her. Kurz drehte ich mich um und was ich sah, gefiel mir nicht
sehr. Wir rannten in die Nacht hinein. Hinter uns hörte man, dass die Hunde frei
gelassen wurden. Ihr jaulen war nicht zu überhören. Es würde nur Minuten dauern,
ehe sie uns eingeholt hatten. Männer mit Fackeln, Hunde und Reiter waren uns auf
den Fersen. Wir kreuzten eine Straße, über einen Graben, hinein in ein Gebüsch. Die
Zweige schlugen mir ins Gesicht. Wenn wir so weiter laufen würden, hätten sie uns
gleich eingeholt, das wusste ich. Die Menschen konnte man abhängen, aber nicht die
Hunde! Nicht die Hunde! Wir rannten über felsigen Untergrund, da kam mir eine Idee.
Auf dem Felsengrund liefen wir einige Kreise, um die Fährte zu kreuzen. Ihr Atem
ging schwer! Aber unerbitterlich zog ich ihre Hand, die ich noch immer festhielt
wie ein Schraubstock, hinter mir her. Dann kam ein Feld, der Boden gab nach und wir
landeten beide auf dem Boden. Als ich zurück sah, waren die Verfolger gerade bei
den Steinen und hielten kurz an, da die Hunde nicht mehr weiter wussten. Einen Augenblick
lang dachte ich, wir hätten es geschafft, aber die Hunde hatten unsere Fährte sofort
wieder aufgenommen. Ich riss sie hoch, weiter über das Feld, dann kamen Bäume und
ein Bach! Ein Bach! Schnell hinein, rief ich! Sie zögerte, dann sprang sie doch ins
eisige Wasser. Wir schwammen auf die andere Seite, etwa fünf Meter. Dann liefen wir
Bach aufwärts immer im niedrigen Wasser entlang. Das Wasser stach wie kleine Nadelstiche
auf der Haut. In der Luft sah man unseren Atem. Wieder auf die andere Seite rüber,
keuchte ich! Waaassss, meinte sie nur. Auf der anderen Seite angekommen, nahm ich
wieder ihre Hand und schaute ihr nur ganz kurz und doch so lang, in ihre Augen. Komm!
Jetzt lief ich fast direkt wieder auf die Verfolger zu, machte einen Hacken, um parallel
der Straße zu laufen. Nach etwa einen Kilometer kam ein Strohschober. Die Türe ließ
sich leicht öffnen. Wir kletterten nach ganz hinten hinauf, wo uns niemand sehen
konnte. Wir lagen eine Minute nur so da, auf dem Rücken und verschnauften. Durch
einen kleinen Spalt sah man den Sternenhimmel. Mein Gesicht drehte sich zu ihrem
und ihre Augen sahen meine. Fahles Sternenlicht schien auf ihr Gesicht. Und mein
Mund suchte ihren. Die Berührung ihrer Lippen war so weich. Mein Mund küsste sie
und ihr Mund küsste meinen, so viele Male. Wir zogen uns gegenseitig die nassen Sachen
vom Leib und liebten uns im Stroh. Durch den Spalt im Holz konnte man den Sternenhimmel
sehen. In diese Nacht leuchteten die Sterne schöner, als in allen Nächten zu vor
jemals ein Stern geleuchtet hatte. Die Sonne ging auf und ein neuer Tag erwachte
zum Leben. Durch den Spalt im Holz, leuchtete nun die Sonne auf ihr wunderschönes
Gesicht, das immer noch in meinen Armen lag und friedlich schlief. Langsam löste
ich mich von ihr und schaute aus der Scheune hinaus, ob jemand in der Nähe war. Übriges
Nackt! Dann hing ich unsere Kleider über einen Zaun und schlug mit einem alten Stück
Eisen, ein paar Funken um ein Bündel Stroh anzuzünden. Es gelang, ihren großen Mantel
spannte ich schräg über das Feuer, sodass es keine geschlossene Rauchfahne gab, die
jemand sehen hätte können. Plötzlich stand sie im Eingang. Sie sagte nichts und beobachtete
mich nur, wie ich die Kleider trocknete. Dann kam sie zu mir und küsste mich noch
einmal voller Leidenschaft. Gott sei Dank stand die Scheune so, dass man von der
Straße, die in der Nähe verlief, nichts sehen konnte. Die Unterbekleidung war einigermaßen
trocken und wir zogen uns etwas an und saßen dann zusammen am Feuer. Da fing sie
an zu erzählen, wie alles geschah und warum sie den Marschall töten wollte.
Meinem
Vater gehörte der Gasthof, wo wir uns zum ersten Male getroffen hatten. Eines Tages
kamen drei Männer, wie so viele, die einen Schlafplatz suchten und etwas zu essen.
Mein Vater gab ihnen etwas zu essen und wir verpflegten ihre Pferde. Plötzlich kamen
Soldaten in den Hof geritten und durchsuchten die Stallungen und die Wirtsstube.
Schon als die Soldaten auf den Hof geritten kamen, waren die drei sehr nervös. Mein
Vater stand auf und ging dem Soldaten, der in die Wirtsstube kam entgegen und fragte
die Soldaten was sie den suchen würden. Die Soldaten erzählten, dass ein Anschlag
auf einen hochrangigen Marschall verübt wurde und sie die Attentäter bis hier hin
verfolgt hätten. Noch als mein Vater mit ihm sprach, zog einer der drei plötzlich
eine Pistole und feuerte auf den Soldaten. Dieser sank getroffen zu Boden. Der Mann
der geschossen hatte, sprang durch ein Fenster nach draußen. Kurz danach hörte man
nur einen einzelnen Schuss und dann einen grellen Schrei. Viele Soldaten kamen hereingestürmt
und rissen die beiden Männer von den Stühlen und führten sie zusammen mit meinem
Vater nach draußen in den Hof. Für sie sah es wohl so aus, als hätte er die Soldaten
ablenken wollen. Ein hoher Offizier ritt gerade in Begleitung von anderen Soldaten
auf den Hof. Sein Ärmel war Blut verschmiert und sein Arm war in eine Schlaufe gelegt.
Er befahl das gesamte Wirtshaus zu durchsuchen. Nach kurzer Zeit, kamen zwei Soldaten
mit einem Bettwäschebündel, in den zwei Büchsen eingewickelt waren. Sie hätten das
Bündel, in einer verschlossenen Kammer, über dem Stall gefunden. Da packten einige
Soldaten meinen Vater und die zwei anderen und drückten sie an die Mauer des Hofes.
Meine Mutter flehte den Offizier an, dass ihr Mann mit der Sache nichts zu tun hätte.
Die fremden Männer mussten die Büchsen dort versteckt haben. Der Offizier überlegte
kurz und frage, wo der Schlüssel der Kammer denn sei. Mein Vater hatte ihn! Noch
bevor meine Mutter noch sagen konnte, dass sie ihn kurz zu vor, in die Kammer geschickt
hatte, um einen Korb zu holen, erschossen sie ihn und die beiden anderen. Der Offizier
war Massena Andrè. Dafür wollte ich ihn töten. Als sie das sagte, blitzten ihre Augen
auf, aber dann senkte sich ihr Blick. Sie wollte Rache, aber sie schämte sich trotzdem
dafür, dass sie einem anderen Menschen etwas Böses wollte. Lange saßen wir noch am
Feuer und unterhielten uns. Meine einzige Hoffnung war, dass der Marschall heute
sowieso abreisen würde und sie keine zweite Gelegenheit bekam. Noch einmal Dummheiten
zu machen. Lange schauten wir uns in die Augen als wir am Feuer nebeneinander saßen.
Es bedurfte keiner Worte, denn wir versanden uns auch ohne sie. Wir unterhielten
uns nur mit den Augen und das, was sie mir sagte, war wunderschön. Langsam trockneten
unsere Kleider und wir konnten uns wieder anziehen. Ein Stück begleitete ich sie
noch, doch dann musste ich umkehren und rausfinden, wo die anderen waren. Schnell
lief ich zum Schloss zurück. Als ich am Haupttor Einlass begehrte, wollte man mich
nicht durchlassen. Da ich nicht zu viel Aufsehen erregen wollte, es hätte ja sein
können das mich jemand erkannte, wartete ich ein paar Meter die Straße runter, wo
der Graf und Monsignore vorbeikommen mussten, wenn sie das Schloss wieder verlassen
würden. Dass sie noch da waren, sah man daran, dass obwohl die meisten nach dem gestrigen
Vorfall bestimmt abgereist waren, die Kutsche des Grafen noch im Hof stand. Da sie
bereits angespannt war, wusste ich, dass sie in nächster Zeit vorhatten, nach Hause
zu fahren. Nach dieser Erkenntnis, machte ich mir einige Gedanken darüber, dass sie
mich einfach hier zurücklassen wollten und ohne mich zurückfuhren. Nach einer halben
Stunde kam dann auch die Kutsche um die Ecke. Dem Kutscher gab ich ein Zeichen, das
er anhalten sollte, schnell sprang ich hinein. Drinnen saßen aber nur der Graf und
Fräulein Pascalino. Monsignore war zurückgeblieben, um auf mich zu warten. Der Graf
war sehr wütend darüber, dass ich gestern verschwunden war und vermutlich das der
Vorfall, ihm die ganzen Geschäfte verdorben hatte. Wobei es mir vorkam, als gäbe,
er mir die Schuld an dem was geschehen war. Fräulein Pascalino schien sich wenigstens
ein wenig Sorgen gemacht zu haben. Wobei sie mir gestern das Herz gebrochen hatte
und das hatte ich noch nicht vergessen und so behandelte ich sie als sei sie Luft.
Wir drehten wieder um, da wir je noch Monsignore abholen mussten. Als wir das Tor
zum Schloss passierten, grinste ich extra frech, den Pagen, der mich vorhin nicht
hereinlassen wollte an. Und der machte ein ziemlich dummes Gesicht. Monsignore umarmte
mich kurz, als ich aus der Kusche ausstieg, um ihn zu holen. Denn er stand noch im
Hof, da er die Abfahrt des Grafen beobachtet hatte. Ich sagte ihm nur, dass es besser
sei, wenn wir schnell abreisen würden, da einiges gestern passiert sei. Näheres erkläre
ich ihm in der Kutsche und dann daheim. Es dauerte ein wenig bis er seine Sachen
geholt hatte, aber dann fuhren wir los. Ich erzählte allen, dass ich draußen im Garten
war und den Attentäter gesehen hätte. Zuerst ihn an seinem Schuss gehindert habe,
um ihn dann zu verfolgen, bis zu einem großen Wald, wo ich aber dann seine Spur aber
verlor und dann nicht mehr zurückfand und in einer Scheune geschlafen habe. Dabei
schaute mich Galvani mit so einem Blick an, als wüsste er mal wieder alles schon
im Voraus. Eigentlich war das ja nicht gelogen, es wurden nur ein paar kleine Details
weggelassen. Konnte ja nicht ahnen, dass er sich mit einem Soldaten unterhalten hatte
und der erzählt hat, dass es ein Mann und eine Frau waren, die sie bis zu einem Bach
verfolgt haben, wo sich ihre Spuren verloren. Später erzählte ich ihm aber doch noch
die ganze Geschichte, bis auf das, was in der Scheune passiert war, na ihr wisst
schon.
Wir gingen Tag für Tag unseren Nachforschungen nach, er mit seinen Büchern
und ich schnüffelte überall herum oder kümmerte mich um den kleinen Paolo, denn es
schon bald wieder besser ging. Dabei kamen wir uns oft beobachtet vor. Nur wusste
ich nicht, ob es die Männer vom Grafen waren oder von diesem angeblichen Bruder.
Aber es ergab sich nichts Erwähnenswertes und so verbrachten wir die Zeit mit warten.
Jan kümmerte sich sehr ausführlich um unsere Pferde, sodass er eine Beschäftigung
hatte. Oft vermied ich es, ihr dem Fräulein, zu begegnen und wenn sie mal mit mir
sprach, dann waren meine Antworten kurz und nicht sehr höflich. Aber in irgendeiner
Weise wollte sie sich mit mir aussprechen und ihre Augen sagten mir. Dass sie das
alles nicht so gewollt hatte und mich doch im Herzen gerne hat? Sie versuchte immer
wieder Blickkontakt herzustellen, aber ich warf ihr immer wieder nur vorwurfsvolle
Blicke zu oder tat sehr beschäftigt. Wir wollten eigentlich nur noch ein paar Tage
am See bleiben, da unsere Hilfe nicht mehr benötigt wurde oder wie soll ich sagen,
erwünscht war. Mir kam es so vor, als wären wir dem Grafen etwas im weg. Denn eines
Tages kamen wir zufällig an einer der Hütten der Grafschaft vorbei, wo gerade der
Graf mit zwei seinen Bediensteten, mit einem der Bauern sprach. Dabei war er auf
seinem Pferd und er Bauer stand vor seiner Hütte im Matsch. Sie bemerkten uns nicht,
da sie mit dem Rücken uns zugewandt standen. Auf einmal holte der Graf mit seiner
Reitgerte aus und schlug den Bauern damit mehrmals ins Gesicht. Dann drückte er ihn
mit seinem Pferd zurück so das er rücklings in den Matsch viel. Er drohte ihm die
Hütte anzuzünden, wenn er nicht seine Abgaben an ihn zahle. Wir beide waren etwas
überrascht über das Verhalten des Grafen. Bis jetzt war er uns eher als aufrechter
und anständiger Bürger vorgekommen. Wutentbrannt ritten sie davon, ohne uns zu bemerken.
Nach
dieser Beobachtung hörte ich mich in den umliegenden Dörfern um und wie sich herausstellte,
war der Graf gar nicht so anständig wie er tat, ganz im Gegenteil es formte sich
immer mehr das Bild eines Tyrannen, der vor nichts zurückschreckte! Als wir an diesem
Tag zu unserem Nachtquartier zurückkehrten, war am Pferdestall eine Nachricht angeheftet.
Der angebliche Bruder des Grafen bat uns um eine Unterredung. Wir sollten sogar unbewaffnet
kommen und nur wir beide. Monsignore und ich unterhielten uns lange, ob wir uns auf
so etwas einlassen sollten. Schließlich überwog die Neugier. Wir sollten an einer
Weggabelung im Wald warten, keine halbe Stunde entfernt vom Gutshof. Gedanken gingen
mir durch den Kopf. Das dies eine Falle sein könnte oder irgendeine Schweinerei im
Busch war. Deswegen begaben wir uns schon zwei Stunden früher an die vereinbarte
Stelle. Wir versteckten uns zwischen dichten Büschen, die am Rande des Waldes zum
Weg hinwuchsen. Wir unterhielten uns leise und er fragte, woher ich so gut Italienisch
konnte? Mein Vater war Weinhändler und oft in Italien unterwegs. Als Kind begleitete
ich ihn auf seinen Reisen, wo er viele Fässer Wein erwarb und nach Deutschland bringen
ließ. Auf der Fahrt durch dieses wunderbare Land so voller Wärme brachte er mir dann
immer ein wenig Italienisch bei. So konnte ich schon als kleiner Junge, mich mit
den Einheimischen unterhalten. Während Monsignore beobachtete, pflückte ich mir ein
paar Heidelbeeren, die dort an einem Strauch wuchsen. Brüderlich teilte ich meine
Beute mit ihm und einmal musste er sogar leicht lächeln, da ich ziemlich blaue Zähne
und Mundwinkel hatte. Eine Stunde passierte gar nichts, doch dann knackte es im Wald
gegenüber von uns, auf der anderen Seite der Straße. Ein Mann näherte sich der Weggabelung
und blieb gegenüber ebenfalls im dichten Buschwerk sitzen. Wir fragten uns, ob er
uns eine Falle gestellt hatte. Wir beobachteten noch eine Weile, aber es blieb alles
ruhig. Genau pünktlich zur vereinbarten Stunde kam er dann aus dem Wald heraus und
fast gleichzeitig gingen wir ebenfalls hinaus. So das wir uns und plötzlich für ihn,
gegenüberstanden. Ein paar Augenblicke sagte keiner etwas und jeder beobachtete den
anderen nur. Da ich sah, dass er leicht humpelte, meinte ich nur ganz trocken. Wie
es denn seinem Fuße ging? Ein verzerrtes Lächeln kam über sein Gesicht! Jetzt sind
wir Quitt, meinte er nur. Monsignore verstand diese Aussage nicht? Fragend blickte
er mich an. Nach kurzem Blickwechsel fuhr ich fort und fragte was er von uns wolle.
Da fing zu erzählen an, über den Vater, die Enterbung des Bruders und wie er in die
Kriegswirren hineingezogen wurde. Allein diese Geschichte wäre es wert, dass man
sie aufschriebe.
Der Mann erzählte, den beiden alles was ihm wieder fahren war und
überzeugte sie davon, dass seine Worte die Wahrheit sprachen. Er brachte sie zu einem
Dorf wo ein früherer Angestellter seines Vaters wohnte, dieser bestätigte seine Geschichte
und er erzählte noch eine andere. Wie er jahrelang für den Vater gearbeitet hatte,
bis zu dem Tag als er starb. Der man hieß Alessandro Renier. Er wusste als einziger
das sein älterer Sohn enterbt war und wurde zum Schweigen gebracht. Er verlor seine
Arbeit und wurde vom jetzigen Grafen mit dem schlimmsten bedroht, wenn er etwas verraten
würde. Da der richtige Erbe nicht aufzufinden war, wusste er nicht was er tun sollte
und so schwieg er, bis zum heutigen Tage. Im Dorf hörten sie aber noch andere Geschichten,
von Ausbeutung Mord und Totschlag. Brennende Hütten von Leuten die nicht ihre Abgaben
an den Grafen zahlen konnten. Vom vielen Unrecht, was den Menschen unter dem Grafen
widerfahren war. Von diesem Grimaldi der nichts tat, da er keinen Mumm dazu hatte.
So entschieden die beiden, dass sie dazu beitragen wollten, die Wahrheit aufzuklären
und diesem Mann das Handwerk zu legen.
Wir waren schnell im Bilde was hier gespielt
wurde. Doch was hatte alles dies mit den Morden zu tun. Sollten hier Zeugen mundtot
gemacht werden? Fragen über Fragen und doch schien es mir als, wenn Monsignore die
Lösung des Rätsels kannte und nur nicht damit rausrücken wollte. Das machte mich
ganz verrückt. Mir war das alles zu viel und ich beschloss ein paar Tage zu Beatrice
zu gehen und mit ihr über die Geschehnisse und ihrer Rache zu reden, beziehungsweise
sie davon abzubringen noch einmal so ein Risiko einzugehen. Was wenn man sie verhaften
würde, ich wüsste nicht was ich täte. Also verabschiedete ich mich von den anderen
und ritt wie der Wind zur Taverne, dort wo ich sie zum ersten Mal sah. Es war bereits
dunkel als ich ankam. Im Hof waren Fackeln aufgestellt und geschäftiges Treiben.
Mehrere Kutschen standen vor der Tür darunter eine sehr prächtige und ein französischer
Leutnant kam mir entgegen. Kalt lief es mir den Rücken herunter. Das konnte doch
jetzt nicht wahr sein? Nein, nein, das kann nicht sein. Das darf nicht sein. Ich
sprach den Leutnant an, wer denn mit der prächtigen Kutsche reisen würde. Aber ich
kannte die Antwort bereits. Menschen kehren immer wieder an dieselben Orte zurück,
die sie kennen. Oder war es einfach nur Zufall, da dies das einzige Gasthaus weit
und breit auf diesem Weg war. Innerlich stieg in mir ein Unwohlsein hoch, das mich
fast lähmte. Nachdem ich mein Pferd an einer Stelle von wo man sehr schnell weg Reiten
konnte festgemacht hatte, trat ich durch die Türe. Wärme und Rauch empfingen mich.
Ich blieb in der Türe stehen und meine Augen wanderten von links nach rechts. Alles
absuchend. Mir erschien das ganze wie eine Ewigkeit. Und da sah ich sie. Sie stand
an einem Tisch mit fünf Offizieren, darunter der Marschall Massena Andrè. Ihr Blick
war wie eine Raubkatze, als sie mich ansah. Im nächsten Moment änderte sie ihren
Gesichtsausdruck und sprach ganz freundlich zu den Offizieren, was denn diese noch
zum Trinken wünschten. Dann ging sie in den hinteren Teil der Taverne wo der Wein
stand. Gerade wollte ich ihr hinterher eilen, als dieser fettige Wirt mir im Weg
stand. Er begrüßte mich und wollte mir einen Platz zuweisen. Im Gastraum, saßen noch
andere Gäste alles Halunken und Halsabschneider. Der Wirt wies mir, an einem Tisch,
einen Platz neben vier Männern zu. Sie begrüßten mich lautstark, da sie schon einiges
an Wein getrunken hatten. Freudig reichten sie mir einen Becher. Aber da ich zu abgelenkt
war, nahm ich diese Geste, nur am Rande war. Sofort bekam ich die Quittung. Ahh der
feine Herr ist sich wohl zu fein für uns. Raunte es durch die Runde. Trink, sprachen
sie und schubsten mich an der Schulter. Aber mein Blick war immer zu den Offizieren
und zum hinteren Teil der Taverne gerichtet. Zu viel für mich, wo ich doch sehen
wollte, was dort vor sich ging. Dann hörte ich wieder eine Stimme… trink Freundchen
trink! Die Situation wurde immer grotesker. Jetzt kam sie mit dem Wein herein. Ich
betete zu Gott, dass sie den Wein nicht vergiftet hatte. Und wieder, na du Bürschchen
einer packte mich am Arm und starte mich mit einer Fratze an. Der wo mir Gegenüber
saß, streckte seine Hand sehr weit zu mir herüber. Ein Holztisch war es, seine Hand
war da, mein Messer war ganz nah. Und dann zog ich es blitzschnell aus der Scheide
und rammte es mit voller Wucht zwischen seine Finger! Man sah, dass das Gesicht gegenüber
plötzlich leichenblass wurde und die Hand, die mich am Arm hielt, spürte ich nicht
mehr. Plötzlich diese Ruhe. Wie gut das tat. Der Wirt kam mit meinem Wein und sah
das Messer zwischen den Fingern des anderen Gastes. Er sah mich an und ich sah in
an und dann ging er einfach wieder. Die Männer aber an meinem Tisch wurden ganz kleinlaut.
Mein Gegenüber zog langsam die Hand zurück. Sie zitterte ein wenig. Das Messer aber
steckte noch im Tisch fest. Da nahm ich den Becher, stand auf und sprach laut einen
Tost aus. Auf die „glorreiche französische Armee“. Und das in einer Taverne in Italien.
Nachdem was alles unter Napoleon geschehen war. Die Stimmen verstummten. Die Männer
sahen mich an als, wenn ich nicht ganz bei mir wäre. Dann wurde es still und die
Blicke verdüsterten sich. Spannung lag in der Luft. Der alte Marschall stand auf
und sagte im fließenden Italienisch, auf den Frieden. Die Spannung löste sich. Im
Hintergrund sah ich sie stehen. Ihre Augen waren schmal und ihre Stirn angestrengt.
Ihre rechte Hand war hinter ihrem Rücken. Mein Gespür sagte mir, das sie wohl dort
hinter ihrem Rücken ein Messer in der Hand hielt. Sie fixierte Massena Andrè, der
zu ihr mit dem Rücken stand. Sie war zu weit weg für mich, als das ich schneller
bei ihr sein konnte als sie bei ihm. Mir fiel nicht viel ein, als wiederum eine Tost
auszubringen. Nur diesmal auf den Kaiser Napoleon Bonaparte! Was zur Hölle hab ich
mir dabei nur gedacht. Die Gesichter der Italiener verwandelten sich in Fratzen gleich
einer Horde von Stieren und Wildschweinen die einen an den Kragen wollen. Selbst
die Offiziere waren irritiert! Was sollte das nur. Doch dann brach es über sie herein
wie ein Sturm. Hocker und Bänke flogen, Krüge und Becher. Die Offiziere versuchten
alles zu tun, damit der Marschall nicht verletzt wird. Sie brachten ihn durch das
Handgemenge nach draußen zur Kutsche. Genau das wollte ich erreichen. Während ich
mich durch die Menge schlug, um Beatrice davon abzuhalten, Dummheiten zu machen.
Natürlich versuchte sie im Durcheinander auf den Marschall loszugehen und wurde immer
wieder gestoßen oder abgedrängt, sodass sie ihn nicht erreichen konnte. Ich packte
sie, mit einer Hand griff ich ihr zwischen die Beine, mit der anderen unter dem Arm
und hob sie hoch. Dann drückte ich sie nach hinten in den hinteren Bereich der Taverne.
Sie schrie wie am Spieß, schlug, kratzte und fluchte wie der Teufel persönlich. Ein
riesiges Fass, das offen stand, bot sich an, die Landung loszuwerden. Schnell war
sie darin verstaut und dann den Deckel drauf. Ihre Stimmer erst sehr laut, danach
nur noch leise. Dann etwas Schweres darauf gestellt und sie war aufgeräumt. Plötzlich
ein heftiger Schlag auf meinen Kopf und noch einen, sodass ich fast kurz Sterne sah.
Der fette Wirt war hinter mir und schlug mich mit einem Knüttel.
Für ihn war ich der
Urheber der Zerstörung. Du Lump schrie er, ich werde es Dir zeigen. Nicht lange nachgedacht
einen halbvollen Mehlsack gepackt und ihm über den Kopf gestülpt, sodass schnell
Frieden war. Dann ein Seil herum und verschnürt. So hatte ich endlich kurz Ruhe um
nachzudenken. Jetzt musste ich nur noch die Gäste loswerden, dann würde es sich schon
wieder alles richten, dachte ich. Im Gastraum tobte der Kampf zwischen den französischen
Begleitern und den Italienern. Die Franzosen zogen es aber vor den Rückzug anzutreten
und mit ihren Kutschen, das Weite zu suchen. Auf nimmer Wiedersehen dachte ich. Ohnehin
erfuhr ich später, dass der Marschall schon bald darauf an Tuberkulose in Paris verstarb.
So wäre ihr Opfer doch sinnlos gewesen. Nachdem die Franzosen weg waren, sahen allerdings
die restlichen Italiener noch mich und die Männer sahen nicht sehr erfreut aus! Jetzt
sollte es mir an den Kragen gehen. Ich wehrte mich wie ein wildes Tier, doch konnte
ich nicht nach allen Seiten zu schlagen. Gerade hatten sie mich am Kragen und wollten
mir mit einem Tischbein den Schädel spalten. Als eine Stimme laut rief, es war der
kleine Paolo. In seiner Hand ein Kürassier Tromblon M 1769 mit dem man gute 12 Schuss
auf einmal schießen konnte. Die Männer ließen von mir ab und drohend führte er sie
alle hinaus und schrie ihnen hinterher, dass sie sich nur nicht mehr zurücktrauen
sollten. Dann schoss er die Ladung in den Hof hinaus, sodass die Kugeln überall einschlugen.
Die Männer rannten! Der kleine Paolo war mir einfach gefolgt. Zu meinem Glück. Nur
was jetzt? Der Fette Wirt lag am Boden und strampelte. Ich sagte ihm, wenn er mir
verspricht ruhig zu bleiben, dann würde ich ihr jetzt freilassen. Aber irgendwie
kam so recht keine Antwort. Nur die Beine schlugen immer wieder nach mir. Aus dem
Fass kamen auch nicht gerade freundliche Töne. Gut dann eben nicht sagte ich auf
Italienisch zu ihm. Und setzte mich in die Gaststube. Jetzt erst Mal was gegessen
und getrunken. Ein guter Schluck Rotwein und Brot und Wurst konnte ja nicht schaden.
Derweil räumte der kleine Paolo alles auf und stellte die Tische und Stühle wieder
richtig hin. Irgendwann hörte ich ein Wimmern. Ahh dachte ich, jetzt haben sie sich
beruhigt. Wiederum fragte ich den Wirt, ob er bereit ist, sein Versprechen zu geben.
Nachdem er recht wiederwillig zugesagt hatte, band ich ihn los. Er sah aus wie ein
Gespenst, das Mehl war überall. Trotzig saß er auf dem Boden. Da ich wusste wie man
so etwas bereinigt, zog ich meinen Beutel mit Münzen hervor und schüttelte ihn. Langsam
streckte er die Hand aus und ich schüttete einige Münzen in seine Hand, bis er zufrieden
war. Nun bat ich Paolo ihm bei einem Bad zu helfen. Das war sowieso schon lange überfällig.
Nachdem die beiden weg waren, klopfte ich vorsichtig an das Fass und sprach „Amore“.
Amore willst du da raus? Es kam nur ein „Ja“. Ich nahm das Gewicht vom Deckel und
wollte gerade den Deckel anheben, als er schon nach oben schnellte! Wie ein Sturm
der plötzlich aufzog, wurde ich mit allen erdenklichen Schimpfwörtern bedacht. Zärtlich
nahm ich ihr Gesicht mit beiden Händen und sah ihr tief in die Augen. Ihr Mund, der
so süß war, war verstummt. Ich küsste sie so zärtlich, dass es in meinem ganzen Körper
bebte! Ihre Augen waren jetzt so lieb und zärtlich und ich hob sie aus dem Fass und
hielt sie fest. Dann trug ich sie hoch in ihre Kammer und wir liebten uns bis zum
Morgen. Einige Tage blieb ich bei ihr und es war wunderschön. Dann musste ich zu
meinem Auftraggeber, ja vielleicht sogar zu meinem Freund zurückkehren.
Der Plan war
einfach, wir wollten den Grafen Pascalino eine Falle stellen und ihn dazu bringen,
sich selbst zu verraten. Was war zu tun? Wir waren alle bei den Pferdeställen zusammen
gekommen und versuchten uns was einfallen zu lassen, wie wir diesen feinen Herren
überlisten könnten. Und uns viel etwas ein, wo wir ihn hinlocken konnten und er dann
sein wahres Gesicht zeigen würde. Aber vorher wollte ich etwas klären, das mir keine
Ruhe ließ. Welche Rolle spielte Fräulein Pascalino in diesem bösen Spiel. Über Tage
hinweg beobachtete ich sie sehr genau und fand bald heraus, dass sie etwas zu verbergen
hatte. Denn als alle schliefen, brannte oft noch Licht in ihrem Zimmer, das dann
gelöscht wurde. Aber ich hörte trotzdem einige merkwürdige Geräusche. Langsam schlich
ich mich um das Haus herum, um an ihr Fenster zu klopfen und mit ihr zu reden. Aber
als ich klopfte, öffnete niemand. Ich merkte, dass das Fenster einen Spalt offen
stand. Mit einem Stück Holz öffnete ich das Fenster und kletterte hinein. Im Dunkeln
tastete ich nach einer Kerze, die da stand und noch leicht glühte. Durch leichtes
blasen, wurde die Glut stärker und die Kerze brannte wieder. Jetzt im Lichtschein
des Zimmers sah ich, das ihr Bett unberührt war. Aber wo war sie? Weder ist sie vorhin
aus dem Zimmer gegangen, noch ist sie hier. Ich wusste mir keinen Reim darauf zu
machen? Was sollte ich tun. Als ich das Licht wieder löschte, umgab mich Dunkelheit.
Der Rauch der Kerze erinnerte mich an viele schöne Momente. Langsam setzte ich mich
in einen großen Stuhl, der in der Ecke stand und dachte über so vieles nach, was
geschehen war. Freude und Trauer gleichermaßen. Hin-
Er erzählte jedem eine rührselige Geschichte, von ihrer Mutter wie er sie auf einer
Reise kennengelernt hatte und wie sie angeblich verstarb. Schluss endlich ist darüber
nur zu sagen, dass sie seine Geliebte war. Das Ganze schockte mich zu tiefst. Was
für ein Hund, er hat sie nur ausgenutzt und dafür hasste ich ihn. Anderseits hatte
er sie aber von einem schlimmen Schicksal auf der Straße bewahrt. Ich wusste nicht
was ich zu ihr sagen sollte. Ein wenig provokant wollte ich es jetzt wissen. Und
die Menschen hat „er“ ermorden lassen, damit er seine Position als Graf hier nicht
verliert! Nein erwiderte Sie! Er hat damit nichts zu tun! Das glaube ich nicht, sprach
ich mit fester Stimme. Sagen Sie mir die Wahrheit! Das Gespräch wurde lauter und
lauter. Plötzlich ging die Geheimtüre auf und Graf Pascalino stand im Raum. Sie blickte
entsetzt als Sie ihn sah. Da stand er nun wo ich ihn haben wollte. Nur das wusste
er noch nicht. Ohne ihn sprechen zu lassen. Sagte ich, dass wir so einiges herausgefunden
hätten was ihm nicht gefallen würde. Er entzündete in aller Ruhe einige Kerzen im
Raum. Er war sehr ruhig und meinte nur, was das denn sei? Alles, sagte ich! Mit kühlen
Augen sah er mich an. Leise sprach er „wollen Sie mich beleidigen?“ Was wissen sie
schon, was hier vor sich geht! Was geht hier vor sich, fragte ich ihn mit ironischem
Unterton in der Stimme. Etwas was sie nicht verstehen. Es hat was mit Liebe zu tun.
Mit Vaterliebe mit Ablehnung, mit verbotener Liebe und auch mit Hass. Es wäre besser
sie verlassen jetzt das Haus. Und er öffnete die Türe zum Gang. Das Licht im Gang
blendete ein wenig. Langsam stand ich auf und ging zur Türe. Am Türstock drehte ich
mich um und sah Sie noch einmal an. Aber sie blickte nur zum Boden. In diesem Moment
leuchtete Feuerschein durch die Fenster und Stimmen waren zu hören. Ein Stein kam
durch die Scheibe geflogen und die Splitter verteilten sich im Raum. Erschrocken
sahen der Graf und Fräulein Pascalino durch das Fenster hinaus. Ein wütender Mob
von den Bewohnern der Ländereien des Grafen, hatte sich vor dem Haus versammelt und
forderte den Grafen zum Herauskommen auf! Sie hatten sich Säcke über die Köpfe gezogen
und sahen furchterregend aus! Ja wutentbrannt und zu allem bereit! Monsignore kam
durch den Flur herangestürzt und wollte schlimmstes verhindern. Ich wollte rüber
zum Stall laufen, wo ich meine Waffen hatte, aber es war zu gefährlich. Der Graf
voller Wut über so viel Dreistigkeit ging in sein Zimmer und kam mit zwei geladenen
Pistolen wieder. Er schickte einen Bediensteten los, um Herrn Grimaldi zu holen.
Der Mob war an der Türe und hämmerte mit Knüppeln dagegen. Monsignore sagte zu ihm,
dass die Männer sagen würden, dass ein gewisser Alessandro Renier ein Testament hätte,
wo beweisen würde, dass ihr nicht der rechtmäßige Besitzer der Ländereien seid. Daraufhin
wurde er furchtbar wütend. Er wollte schon mit den Pistolen auf die Leute schießen,
als Herr Grimaldi mit seinen Männern angelaufen kam. Schüsse gingen in die Luft und
der Mob flüchtete in die Wälder und zerstreute sich. Die Aufregung war groß. Ich
frage, wer dieser Alessandro Renier sei? Daraufhin sagte er „nur ein Verräter“. Grimaldi
stellte Posten auf und alle beruhigten sich wieder. Monsignore und ich gingen zum
Stall hinüber wo nach einer Weile, der sogenannte Mob sich einfand. Es waren unsere
Leute. Denn der arme Renier hatte gar keine Papiere und wusste von Finte auch nichts.
Wir setzten jetzt noch einen obendrauf und verbreiteten das Gerücht, das Renier am
folgenden Tage diese Papiere nach Milano zu Richter Rossetti bringen würde und das
er einen unbekannten Mann in seinem Haus beherbergen würde.
Wir wussten, dass er nun
jedes Mittel einsetzen würde, um das zu verhindern und beobachteten ihn. Schon bald
brach er auf um sein unrechtmäßiges Erbe zu schützen und die Männer aus dem Weg zu
räumen, die ihm gefährlich werden konnten. Als er weg war, sprach Monsignore Galvani
mit Herrn Grimaldi und klärte ihn über das auf, was wir herausgefunden hatten. Er
musste also seiner Pflicht nachkommen und diese Behauptung überprüfen, was er nur
wiederwillig tat. Und so kam es, dass er sich ebenfalls zum Haus von Herrn Renier
aufmachte, um seiner Gendarmen Pflicht nachzukommen. Inzwischen hatten wir Antonio
getroffen und am Haus von Renier dem Grafen eine Falle gestellt. Es dauerte nicht
lange, da sahen wir ihn. Wie ein Dieb schlich er sich zum Haus. In seiner Hand eine
Pistole öffnete gewaltsam die Türe und durchsuchte das Haus. Aber es war ja niemand
da. Denn wir hatten Renier schon längst in Sicherheit gebracht. Wir hatten inzwischen
die Hütte von Alessandro Renier umstellt, Herr Grimaldi mit seinen Männern, Paolo,
Jan, Antonio und ich. Wir waren bis an die Zähne bewaffnet. Laut rief ich zum Haus
hinüber, dass er jetzt herauskommen solle, die Papiere so sagte ich, wären schon
längst in Sicherheit. Antonio stieg von seinem Pferd ab und ging einige Schritte
auf den Eingang zu. Da kam er heraus, zwei Pistolen gezückt und einen Säbel quer
durch den Gürtel gesteckt. Endlich sah man sein wahres Gesicht. Antonio zog eine
zwei schussige Pistole und sagte „tragen wir es wie Männer aus“ beide gingen etwas
auseinander und drehten sich dabei, sodass sie Quer vor uns standen. Dann verharrten
sie in dieser Stellung keiner wagte zuerst zu Feuern. Sie sahen sich nur an. In diesem
Moment entglitt Herrn Grimaldi, vermutlich durch die Aufregung seine Büchse. Wie
in Zeitlupe sah ich sie noch auf den Boden zu fliegen, der Hahn gespannt. Würde sie
losgehen? Sie fiel und fiel, ich konnte sie nicht mehr aufhalten, da ich ja auf dem
Pferd saß. Als das alte Ding auf den Boden aufschlug, entspannte sie sich und ein
Knall mit Pulver Wolke folgte in Richtung Hütte. Da schoss er als erstes, die Kugel
verfehlte Antonio nur um Haaresbreite. Dieser Feuerte beide kugeln gleichzeitig ab
und traf ihn an der Schulter. Daraufhin brach eine wilde Schießerei aus, da er seine
zweite Pistole gegen einer der Männer von Grimaldi gerichtet hatte und diesen vom
Pferd schoss. Vermutlich da er sich umzingelt sah und nicht wusste, dass der Schuss
keine Absicht war. Mit gezücktem Säbel, ging er dann auf Antonio los, woraufhin dann
ein wilder Kampf mit den Säbeln entstand. Beide kämpften verbissen gegen einander.
Mal lag der Vorteil beim einen mal beim anderen, keiner konnte sich durchsetzen.
Beide verwundeten den anderen mehrmals und so färbten sich ihre Röcke Rot voller
Blut. Die Röcke der englischen Soldaten waren extra rot gefärbt, damit sich die anderen
Soldaten nicht so sehr erschraken und man das Blut nicht so sehen konnte. Doch das
Rot auf ihren Röcken war keine Farbe.
Antonio stieß mehrmals den Säbel nach vorne
und machte gleichzeitig jeweils einen Schritt vorwärts. Dadurch wurde er zurückgedrängt
und musste rückwärts weichen. Doch ein Stein ließ ihn stolpern und sein Säbel entglitt
ihm aus der seiner Hand. Antonio kniete ganz schnell über ihn und presste den Säbel
mit der Klinge gegen seinen Hals. Er keuchte und japste nur, jetzt kam alles hoch,
was sein Bruder ihm angetan hatte. Er drückte immer mehr zu. Schnell sprang ich vom
Pferd ab und lief zu den beiden hin. Von hinten packte ich seine Schulter und sagte
„das ist doch dein Bruder“, er zögerte und lies dann ab von ihm. Aber als dafür dankbar
zu sein, dass ich seinen Bruder davon abgehalten hatte ihn umzubringen, stand er
nur auf und beschimpfte uns und sagte dass er sich noch an uns rächen werde. Dann
verschwand er, im nahegelegenen Wald. Anfangs nahm ich seine Worte nicht ganz ernst,
aber später als ich mehr Zeit hatte darüber nachzudenken, fragte ich mich, ob es
nicht ein Fehler war ihn am Leben zu lassen. So wäre die Geschichte gleich erledigt
gewesen und jetzt musste ich mir noch Sorgen machen, das irgendwann, irgendwo, ein
Mann mit einer Pistole hinter mir steht und mir in den Rücken schießt.
Antonio zog
nun endlich in das Haus seines Vaters ein. Es war alles, als wäre es nur ein böser
Traum gewesen, all die Jahre im Krieg und dann der Verrat von seinem Bruder. Ausgestoßen,
vergessen, verfolgt und jetzt endlich zurück in dem Haus, wo er geboren war und groß
geworden ist. Als ich das Zimmer von Fräulein Pascalino betrat, packte sie gerade
einige Habseligkeiten zusammen. Ich stand in der Türe und beobachtete Sie.
Sie bemerkte
mich und sagte „was wird aus mir nur werden“. Plötzlich stand Antonio neben mir.
Erwartungsvoll sah ich ihn glaube ich an, da er mich so ansah, als wenn er wüsste,
was ich dachte. Zu meiner Erleichterung schlug er vor, dass sie doch in seinem Haushalt
bleiben könnte und ihm bei der Verwaltung der Güter helfen könnte. Sowie als Hausdame,
den Haushalt des Herrenhauses zu führen. Viele Bedienstete waren ja nicht mehr hier,
nachdem so viele von hier geflohen waren, aber sie kannte sich ja schon aus und das
wäre ein großer Vorteil für alle. Wie sie sich später nannte, ist mir nicht bekannt
geworden, aber es musste unheimlich schwierig für sie gewesen sein.
Kurz vor Morgengrauen
wachte ich auf, da immer ein Hofhund laut bellte. Zuerst war ich mir nicht sicher
was mich geweckt hatte, da ich das Gefühl hatte, als hätte alles gewackelt. Jetzt
wurde es draußen still denn nicht nur vom Hund war nichts mehr zu hören, nein auch
die Vögel, die schon wach waren, hörten plötzlich auf zu singen. Aus allen Ecken
des Zimmers knackte es ganz laut, ich glaube, das war das Holz und die Wände. Dann
wieder einige Sekunden Stille. Plötzlich fing das ganze Bett und der Raum an zu wackeln.
Vom Hörensagen kannte ich es, aber hatte es noch nie miterlebt. Alles Schwankte,
dann hörte es auf ……. Stille.
Im Morgenrock rannte ich in den Gang des großen Herrenhauses, dort waren schon alle
versammelt. Wir rannten nach draußen, viele Dorfbewohner standen schon völlig verängstigt
auf der Dorfstraße. Fräulein Pascalino und Monsignore standen neben mir. Wieder fing
es an zu wackeln diesmal stärker als vorher. Mein Herz pochte bis zum Hals und ein
ungutes Gefühl durch zog meinen ganzen Körper. Ein paar lose Dachplatten fielen klatschend
auf die Straße. Frauen und Kinder weinten und eine alte Frau schrie hysterisch. Dann
hörte es auf, aber ein merkwürdiges Geräusch ließ uns alle zum See blicken und dann
sahen wir es! Eine große weiße Wolke löste sich aus dem Wasser und schwebte über
den See bis sie das Ufer erreichte. Ein Vogel der gerade aufgeflogen war, wurde erfasst
und viel wie ein Stein zu Boden. Rehe und andere Tiere die erschreckt umherirrten,
entkamen der Wolke nicht mehr und stockten als würde man sie festhalten und fielen
um wie die Fliegen. Der See schien zu kochen immer mehr kleinere und große Wolken
stiegen auf und zogen zu unserem Glück in Richtung Wald davon. Was war das? Noch
einmal bebte die Erde unter unseren Füßen, aber alle Häuser blieben stehen. Später
sah man hier und da ein paar Risse in einigen Mauern, aber Gott sei Dank, war niemanden
etwas geschehen. Das Beben der Erde hörte mit einem mal auf und Stille überzog das
Land. Keiner wagte etwas zu sagen und so saßen wir uns stumm auf dem Boden und warteten,
ob sich noch etwas bewegte. Nach einer halben Stunde im freien gingen wir wieder
ins Haus hinein. Beim Hineingehen fiel mir auf das die Vögel wieder angefangen hatten
zu singen und ein merkwürdiger Wind blies. Diskussionen entbrannten, was war das,
was dort aus dem See kam? Bis Monsignore sagte, dass er darüber in einem Buch gelesen
hatte. Wie er schon die ganze Zeit vermutet hatte, handelte es sich bei der weißen
Wolke um eine unterirdische Gasansammlung, die von Zeit zu Zeit aus dem See entwichen
ist und dessen Höhepunkt nun mit dem Erdbeben erreicht wurde. Solche Phänomene gäbe
es häufig kurz vor Vulkan Ausbrüchen oder Erbeben. Diese Gaswolke tötete all diese
armen Menschen, nicht eine Bestie oder ein Mörder, nein die Bestie ist die Naturgewalt,
der keiner von uns entkommen kann. Raunen erfüllte den Raum. Viele Fragen wurden
aufgeworfen. War zum Beispiel damit zu rechnen, dass noch mehr Gas aus dem See aufsteigt?
Mussten die Menschen wegziehen von diesem See, ihre Heimat verlassen? Monsignore
erklärte, dass vermutlich durch das Erdbeben die gesamte Gasansammlung bereits entwichen
sei. Aber das müsste man abwarten und beobachten. Das ganze Dorf wurde zusammen geholt
und ihnen der Sachverhalt erklärt einige Ältere waren etwas ungläubig und mussten
erst überzeugt werden.
Jedem wurde jetzt klar, wer der wahre Mörder, die Bestie, der
Teufel wirklich ist. Aber keiner dachte an den armen verkrüppelten Sohn der alten
Frau, der zu Unrecht umgebracht wurde. Monsignore und ich gingen noch einmal am See
entlang, um sich umzusehen. Überall am See lagen tote Tiere, es war merkwürdig warum
wir das nicht schon früher bemerkt hatten? Entweder achteten wir nicht darauf oder
der letzte Ausbruch dieser Gase wie Monsignore sagte waren um vieles stärker wie
die vorherigen, sodass die Tiere die sonst jegliche Gefahr witterten, nicht mehr
fliehen konnten. Oder sie waren einfach durch das Rütteln der Erde zu verwirrt. Wir
wollten gerade wieder umkehren als ich im Augenwinkel etwas liegen sah. Lag dort
noch ein totes Tier oder was war das? Am Schilfrand an einer Stelle wo mehrere umgefallene
Bäume ein Art Viereck bildeten, lag etwas. Als wir näher kamen erkannten wir es,
es war ein Mensch, sein Gesicht blau angelaufen seinen Arm streckte er noch in die
Höhe, als wenn er nach etwas greifen wollte. Er war kaum wiederzuerkennen, es war
der Graf. Ein grausames Ende, zwar war er ein Schurke und ein schlechter Mensch,
doch so einen Tod hatte niemand verdient. Aber dennoch hatte die Gerechtigkeit gesiegt.
Monsignore meinte, dass nun doch noch Gottes Wille geschehen sei. Er sprach noch
ein Gebet für diesen Mann, dann ließen wir ihn zum Gutshof zurückbringen. Ich beobachtete
das Gesicht Antonios genau, um zu sehen, ob er froh war das er tot ist. Aber ich
glaube er empfand Mitleid mit ihm, obwohl er ihm das alles angetan hatte. Zwei Brüder,
die sich gegenseitig umbringen wollten nur wegen Geld, Macht und Einfluss. Ob der
Vater geahnt hatte was er mit der Enterbung angerichtet hatte. Bestimmt hatte er
seine Gründe, es muss wohl Vorfälle gegeben haben, die ihm zu diesem Entschluss brachten.
Doch oft sind gerade Menschen im hohen Alter schnell überempfindlich oder verbittert.
Wir begruben ihn am Friedhof im Familien Grab, das halbe Dorf war anwesend. Aber
vermutlich nicht aus Mitleid, sondern aus Neugierde. Niemand ahnte, dass er nicht
der wahre Erbe war und er hatte jedem erzählt, das sein jüngerer Bruder seit dem
Krieg verschollen ist und vermutlich tot war. Schließlich war er der Ältere und somit
ja auch in ihren Augen der Erbe. Es vergingen noch ein paar Wochen in denen nichts
passierte. Mon Seniore meinte das durch das Erdbeben, das Gas, was sich angesammelt
hatte, nun vollständig entwichen sei und die Menschen außer Gefahr seien. Die heißen
Quellen versiegten und gerieten bald in Vergessenheit, es sollten Jahre vergehen,
bis es wieder in dieser Region zu einem Erdbeben kam.
Wir zogen los und ließen all
unsere Sorgen hinter uns und wie es so will, nahmen wir denselben Weg zurück wie
wir gekommen sind. Das ließ mein Herz vor Freude und Spannung Höherschlagen. Das
viel auch anderen auf den stets war ich gut gelaunt und fröhlich.
Voller Vorfreude
ritt ich geschwind mit meinem treuen Pferd zum Gasthof. Aber als ich nach ihr fragte,
sagte man mir, dass sie auf einer nahen Lichtung sei. Die Sonne schien warm vom Himmel
der Hellblau gefärbt war. Kaum aus dem Wald getreten, sah ich sie wie sie Blumen
pflückte. Ich ritt auf sie zu, sie bemerkte mich und winkte mir lachend zu. Ich winkte
zurück und aber was war das, aus dem Wald hinter ihr kam eine Weise Wolke, unaufhaltsam
auf sie zu, warnend rief ich ihr zu und wollte sie erreichen. Aber die Wolke war
schon direkt hinter ihr. Sie schnappte nach Luft, ich wurde immer schneller und wollte
sie erreichen doch ich schaffte es nicht! Plötzlich weckte mich ein starker Schlag
und ich erwachte in der Kutsche, was für ein übler Traum. Es ging weiter über schlechte
und gute Straßen und Wege bis endlich in weiter Ferne schon, der Gasthof zu sehen
war, wo alles begonnen hatte. Minuten wurden zu Stunden voller Ungeduld und endlich
waren wir da.
Knarrend und quietschend hielt die Kutsche im Hof so das, kleinere Steine
und Staub aufgewirbelt wurden. Noch bevor die Kutsche ganz zum Stehen gekommen war,
sprang ich schon von ihr herab und stürmte nach oben, wo ich sie beim herannahen
an den Gasthof von weiten schon am Fenster kurz gesehen hatte, als sie gerade die
Betten ausschüttelte. Mit Riesen schritten nahm ich die Treppe und als ich oben ankam,
sah ich den Flur entlang wo eine Kammertür offen stand und strahlender Sonnenschein
den Gang beleuchtete. Mir war als konnte ich riechen, dass sie vor wenigen Augenblicken
noch an dieser Stelle vorübergegangen war. Der Geruch löste in meiner Bauchhöhle
ein eigenartiges Gefühl, aus das sich in meinem Körper auszubreiten schien. Langsam
fast lautlos näherte ich mich der Kammer. Mein Herz schlug immer schneller und Gedanken
flogen durch meinen Kopf. Ob sie mich wohl vergessen hatte? Mit dem Rücken zur Tür
stand sie da und schüttelte das Kissen auf. Im Türstock blieb ich stehen und schaut
ihr zu. Sie tat so als, ob sie mich nicht gehört hätte. Dann aber drehte sie sich
um und schaute mich mit leuchtenden Augen einen Augenblick an, sodass mein Herz noch
schneller zu schlagen begann. Provokativ wendete sie sich wieder ihrer Beschäftigung
zu. Langsam trat ich an sie von hinten heran so, dass ich nur noch einen Hauch hinter
ihr war. Mein Atem berührte ihren Nacken und ihr Duft drang tief in mich ein, sodass
sich die wonnigen Gefühle in meinem Körper noch verstärkten. Meine Hände berührten
ihre Oberarme, die so zierlich waren, dass ich sie mit einem Griff hätte umfassen
können. Langsam und nur ganz leicht berührte ich ihre Haut und meine Hände wanderten
zu ihrem Nacken und dann strichen sie ganz langsam hinunter über ihre Brüste. Dabei
berührten meine Lippen zärtlich ihren Nacken. Sie drehte sich um und mit ihren Leuchtenden
braunen Augen, für die früher bestimmt Kriege entfacht worden wären, schauten mich
an. Mir war als konnte ich ihre Seele erblicken. Meine Lippen berührten ihre und
ihre meine, sodass wir beide verschmolzen zu eins. Wir schlossen die Türe und liebten
uns Tage lang bis die Zeit des Abschiedes kam, denn ich musste weiter. Inzwischen
war Monsignore Galvani angekommen und wartete schon ungeduldig auf mich. Es zog ihn
zu neuen Aufgaben, die er per Depesche aus Rom erhalten hatte. Der Abschied fiel
sehr schwer, aber nur von Liebe kann man sich nicht ernähren und so schwor ich, dass
ich schon bald wieder zurückkehren wurde.
Auf unseren Reisen durch halb Europa, sah
ich noch viele Wunder mit eigenen Augen, doch fand Monsignore Galvani immer eine
einleuchtende Erklärung dafür. Wir erlebten noch viele Abenteuer zusammen und wenn
ich heute als alter Mann daran zurückdenke, dann mit Wehmut und in meinem Herzen
spüre ich die Kraft von damals noch einmal in mir. Wenn ich dann vor dem Kamin sitze,
fühle ich mich noch einmal zurückversetzt in die alten Zeiten, großer Abenteuer.
Michael Sutor 2010